(OOC) Vorwort
Was wir (derzeit sind wir zu zweit) mit diesem Thread bezwecken wollen, ist die Dokumentation unseres Rollenspiels; jeder Teil wird (manchmal an einem Tag, meistens an mehreren) ingame ausgespielt, etwas ausformuliert und ausgeschmückt (beispielsweise die Aussagen jener Charaktere, mit denen wir gerade nicht eingeloggt sind) und zu (elektronischem) Papier gebracht. Die langfristige Vision ist es, nach einigen Abenteuern im Norden als Spähtrupp der Grauen Schar in den Süden zu reisen (wir spielen hier also vor Beginn des Ringkriegs), dort an der Schlacht um den Pelennor und jener vor dem schwarzen Tor teilzunehmen - bis dahin wird aber wohl noch viel Wasser den Anduin hinab fließen.
Wir versuchen, uns so nahe wie möglich an der Lore zu bewegen, zu einhundert Prozent wird das leider nie möglich sein - wer darüber aber hinwegsehen und sich mit meinem Schreibstil anfreunden kann, der ist herzlich eingeladen, unsere Geschichte zu verfolgen und (zumindest lesenderweise) Teil unserer Abenteuer zu sein.
Selbstverständlich freuen wir uns auch, sollte jemand tatsächlich ingame mit uns spielen wollen - wir sind zwar beide recht verplant und treffen uns meist spontan, aber wo ein Wille, ist auch ein Weg!
Ohne weitere Worte zu verlieren, wünsche ich nun viel Spaß beim Lesen!
Die Nacht war über der kleinen Stadt hereingebrochen; der Himmel, der den ganzen Tag über seine Pforten geöffnet hatte, war immer noch von dicken, grauen Regenwolken behangen, die das Wasser nun allerdings nicht mehr in Strömen zu Boden stürzen ließen, sondern nur noch tröpfelnd zur Erde schickten. Stille und Dunkelheit lagen über Bree, nur durchbrochen vom Plätschern der Rinnsale, die sich von den Dächern und Hügeln ihren Weg abwärts bahnten. Lediglich das Gasthaus am Fuße des Breebergs schickte aus seinen Fenstern helles Licht nach draußen in die Stadt, und zahllose gedämpfte Stimmen drangen heraus.
Als Elphir die Türe zum Gastraum des “tänzelnden Pony” öffnete und eintrat, ließ der den Blick über die zahlreichen Gäste schweifen - da waren einige Zwerge, die sich lautstark darüber unterhielten, wer von ihnen den größten Edelstein aus einem Berg hervorgeholt hätte; eine Gruppe von Hobbits, schweigend in die unzähligen Köstlichkeiten vertieft, die ihnen der Wirt auf den Tisch gestellt hatte; und zahlreiche Menschen, einige wenige von ehrbarer Erscheinung, der Großteil jedoch wohl nicht. Der Mann aus Gondor schloss die Türe hinter sich und begab sich zackigen Schrittes zum Tresen, wo er einen Krug Bier orderte.
Einen kräftigen Schluck später drehte er sich um, wandte den Blick in den Gastraum - und dort fiel ihm jemand auf, den er zuvor nicht wahrgenommen hatte. Etwas abgelegen saß ein junger Mann, gekleidet in zerschlissenen grünen Stoff und abgewetztes, braunes Leder, die Stiefel und der Saum des Mantels schlammig - alles in allem eine ärmlich aussehende Gestalt. Dennoch, Elphir stieß sich sachte vom Tresen ab, griff seinen Krug und begab sich zu dem Tisch - während er hinüber ging, musterte er den Mann etwas genauer. Die Kleidung war tatsächlich ärmlich; an der Bank, auf der er saß, lehnten ein Anderthalbhänder und ein langer Bogen; einzig die Brosche in Form eines silbernen, fünfzackigen Sterns, die der Mann trug, mochte nicht in das Bild eines Vagabunden passen. “Du hast dich nicht verändert, Deluon. Wenngleich ich nicht erwartet hätte, dich in Bree anzutreffen”, sprach Elphir, während er seinen Krug auf den Tisch knallen ließ. Sein Gegenüber hatte ihn bisher nicht bemerkt, zu sehr war er damit beschäftigt, den vor ihm stehenden Eintopf zu verspeisen (oder eher zu verschlingen); nun jedoch hob er den Kopf, und Elphir bemerkte, dass es doch eine Veränderung gegeben hatte - über die linke Wange zog sich schräg eine Narbe, anhand ihrer Farbe wohl erst kürzlich erlitten. “Mutig bist du, Elphir aus Gondor, wenn du einen Mann beim Essen störst, der sich in den letzten beiden Tagen nur von Wurzeln ernähren konnte”, antwortete der Angesprochene mit einer kräftigen Baritonstimme, und warf Elphir mit seinen grauen Augen einen harten Blick zu. Für einen kurzen Moment war eine Art Anspannung zwischen den Männern zu spüren, bis beide schließlich lauthals zu lachen begannen, und Deluon sich erhob. “Elphir, mein Freund. Viel Zeit ist seit unserem letzten Treffen vergangen”, sagte Deluon, während er seinem Gegenüber zum Gruß die Hände auf die Schultern legte. Danach deutete er hastig auf die ihm gegenüberliegende Bank. “Setz dich, setz dich. Lass uns trinken und reden, wie wir es vor langer Zeit schon geplant hatten!”
Der Gondorer nahm Platz, hob seinen Krug, und nachdem sie beide getrunken hatten, stützte er sich mit verschränkten Armen am Tisch ab, während Deluon die Reste seines Eintopfs verzehrte. Das Schweigen zwischen ihnen währte nur kurz, bis der Waldläufer schließlich den Löffel zur Seite legte, mit etwas Brot die Reste des Eintopfs auftunkte, und den Teller von sich fort schob. “Sag mir, Elphir, was hält dich noch hier im Norden? Du sagtest schon damals, Gondor würde dich rufen, und du würdest bald aufbrechen.” - “Das tat ich, und Gondor hatte mich in der Tat gerufen - ich spürte das Heimweh mit jedem Tag mehr. Ich war sogar schon auf dem Weg in den Süden, doch es gab… einen Zwischenfall. Kurz vor Dunland wurden wir überfallen und getrennt, meine… Begleitung und ich.” - “Deine Begleitung? Du meinst…” - "Ja”, unterbrach ihn Elphir rasch, den Blick starr auf den Tisch gerichtet. Deluon nickte sachte, und beschloss, hier nicht weiter in sichtlich offenen Wunden zu bohren. “Nun, Elphir - du fragtest, welche Angelegenheiten mich nach Bree führen. Ich warte auf zwei andere aus meiner Sippe. Wir reisen in den Norden.”
Elphir hob den Kopf und sah sein Gegenüber fragend an. “In den Norden? Annúminas?” “Nein, etwas weniger Nordöstlich”, antwortete Deluon, und plötzlich strahlte sein Blick, als wäre ihm eine lang vergessene, fröhliche Erinnerung wieder in den Sinn gekommen. “Weißt du noch, unsere erste Begegnung dort?” “Ja”, nickte Elphir schmunzelnd, und fuhr mit nachdenklicher Stimme fort, “wenngleich es nicht direkt Annúminas war. Ich suchte Zuflucht in einer der Ruinen östlich der Stadt, als mich die Angelegenheiten einer guten Freundin in die Nähe der alten Stadt führte. Es regnete damals in Strömen… Mitten in der Nacht hörte ich flüsternde Stimmen und sah den Schein von Fackeln… Grabräuber.”
Deluon schmunzelte. "Du hattest den Mut, das Richtige zu tun - das war meine Rettung. Die meisten anderen Wanderer hätten mich in diesem verfallenen Haus sterben lassen.”
“Dich hatte ich erst bemerkt, als die Räuber erledigt waren. Sie hatten dich in einen Hinterhalt gelockt, wenn ich mich recht erinnere?”, war es nun an Elphir, zu schmunzeln, was Deluon ein leises Lachen entlockte. “Damals war ich sehr jung, Elphir. Leichtsinnig, dieses Wort wäre vielleicht angebrachter. Doch ja - ich tappte direkt in eine Falle.”
Erneut hoben beide den Krug, stießen auf ihr gegenseitiges Wohl an, und tranken. Erneut wurden zwei Krüge bestellt, darauf noch zwei, während die beiden Männer in Erinnerung an vergangene Zeiten schwelgten. Die Stimmung der beiden, wie auch jene der zahlreichen anderen Gäste, stieg, je später der Abend wurde - schließlich, nach einem soeben erzählten Witz, wurde Deluons Miene jedoch ernst, als hätte ihn ein unangenehmer Gedanke eingeholt. Er musterte sein Gegenüber mit prüfendem Blick. “Elphir, mein Freund, ich danke dir. Ich hatte angenommen, dieser Abend würde ein Einsamer werden - ein Jammer wäre es gewesen, mein vielleicht letztes Mal in Bree auf diese Art zu verbringen” “Es ist mir eine Freude, Deluon”, antwortete der Angesprochene, “doch würde ich es bevorzugen, wenn du mir nun endlich erzählst, wohin dich deine Reise führen wird, und warum sie dich dazu verleitet, solche Dinge zu sagen.” - “Nun gut; aber nicht hier. Folge mir, alter Freund.”
Als die beiden schließlich in einem der begehrten Hinterzimmer des Gasthauses angekommen waren, schloss Deluon die Türe und wandte sich zu Elphir; in seinen grauen Augen lag ein besorgter Ausdruck, auf das bleiche Gesicht mit den hohen Wangenknochen, welches für gewöhnlich jugendlich wirkte (weitaus jugendlicher, als er eigentlich war!), war ein Schatten gefallen. “Was weißt du über Fornost, Elphir?", sprach der Waldläufer mit schneller, gedämpfter Stimme. “Nicht mehr als andere hier im Norden, denke ich. Nach dem Fall von Annúminas war es die Hauptstadt Arnors, Sitz der Könige des Nordens… Bis es nach dem Krieg mit Angmar aufgegeben wurde, als das nördliche Königreich unterging, und deine Sippe ins Exil ging.”
Deluon zog erstaunt eine Augenbraue hoch, für einen Augenblick huschte ein amüsiertes Lächeln über den finsteren Gesichtsausdruck, und er antwortete, nun langsam und nachdenklich: “Du weißt mehr, als viele andere, und das ist dir bewusst. Nicht nur einmal erzähltest du, dass du auch in der Geschichte des nördlichen Königreichs unterrichtet wurdest. Einerlei, für die meisten ist Fornost nur mehr eine verlassene Festung,, ein Name, bestenfalls ein Relikt aus vergangenen Tagen, die niemals wiederkehren werden, so sagen sie. Dennoch bleibt es für die Dúnedain des Nordens zweierlei: eine wichtige Stätte unserer Geschichte einerseits, und, viel wichtiger - es könnte dort noch Dinge geben, die wir lieber in unseren Händen wüssten, als in jenen des Feindes.”
Nun war es an Elphir, eine Augenbraue hochzuziehen. “Des Feindes? Sind seine Truppen etwa bereits hier?” “Nein”, antwortete Deluon mit einem Kopfschütteln, “zumindest nicht jener aus dem Dunklen Land, das an deine Heimat grenzt. Unsere Feinde strömen aus dem Nebelgebirge nach Westen, aus dem einstigen Angmar nach Süden, über die alte Südstraße nach Norden.” - “Was also sind die Dinge, die es dort noch geben könnte, und die deine Sippe in der eigenen Hand haben möchte?” - “Eines nach dem anderen, Elphir. Vor einiger Zeit erhielt ich Nachricht von Dinenor.”
Bei der Nennung des Namens verzog Elphir das Gesicht, was dem Waldläufer ein Schmunzeln entlockte. “Ich weiß, du mochtest ihn nie.” - “Umgekehrt hielt er es ebenso.” - “Dinenor sprach stets in den höchsten Tönen von dir - allerdings erst, nachdem du uns verlassen hattest. Ich denke, der Grund für eure gegenseitige Abneigung ist, dass ihr beide euch sehr ähnlich seid - Krieger, Anführer, Befehlshaber… Nun, jedenfalls ließ Dinenor mir eine Nachricht überbringen - er deutete an, es wäre möglich, die Feinde des Nordens hätten die Ruinen von Fornost besetzt. Dinenor wollte von Annúminas aus dorthin reisen, die Ruinen ausspähen, und Tordirith und mich danach in Bree treffen - morgen früh.”
Elphir blieb stumm, für ihn schien sich aus dem bisher gesagten kein Zusammenhang zu ergeben. “Also reist ihr nach Norden und werft einen Blick auf die alte Festung?”, fragte er und warf Deluon einen fragenden Blick zu.
Dieser schüttelte den Kopf. “Nein, nein”, antwortete er, und blickte besorgt aus dem Fenster, “jeder in meinem Volk kennt die Geschichten vom Krieg gegen Angmar, doch nur jene, die sich näher damit beschäftigten, wissen dies: als Arnors nahendes Ende bereits abzusehen war, fertigte der begnadetste aller Schmiede der Stadt - sein Name ging verloren im Wandel der Zeit - eine Waffe, genauer gesagt, einen Dolch, von solcher Art, dass er dem größten Feind der damaligen Zeit gefährlich werden konnte - du weißt, wen ich meine. Ich nehme an, dass dieser Dolch irgendwo in den Ruinen der alten Stadt liegt. Sollte der Feind also bereits dort sein, muss es unser oberstes Ziel sein, uns unbemerkt in die Festung einzuschleichen und diese Waffe zu finden.”
Elphir hatte den Blick abgewandt, starrte nun nachdenklich ins Feuer. Einige Minuten vergingen, in denen Stille im Raum herrschte, nur unterbrochen vom Prasseln und Knacken der Holzscheite im Kamin. “Bist du dir sicher, dass diese Waffe dort zu finden ist?” - “Es ist der einzig mögliche Ort… Der Dolch wurde dort geschmiedet, danach gibt es keine Aufzeichnungen mehr über ihn, und kurz darauf war der Krieg zuende, als der Feind vertrieben wurde.”
Elphir schwieg erneut, wandte den Blick schließlich zu Deluon und seufzte. “Nun gut… Hör zu, Deluon - wenn du es wünscht, und Dinenor es zulässt, werde ich euch begleiten”, sprach er nachdenklich, und begann plötzlich zu grinsen, “irgendjemand muss dich schließlich retten, solltest du wieder in eine Falle geraten.”
Der Dúnadan schmunzelte, seine Miene wurde jedoch rasch wieder ernst. “Es ist eine gefährliche Unternehmung, und ich werde dich nicht darum bitten, Elphir. Doch - sofern es dein Wunsch ist - freue ich mich, wieder mit dir zu reisen. Vielleicht zum allerletzten Mal.”
Elphir lächelte, hob seinen Becher, und leerte diesen in einem Zug.
Last edited by Sturmwind; Feb 09 2023 at 03:33 AM.