Wann bist du das erste Mal bewusst mit Mittelerde in Berührung gekommen?
In meinem Fall war das, als ich im zarten Alter von 15 Jahren das erste Mal Der Herr der Ringe gelesen habe. Ich hatte gerade meinen ersten Schritt als zukünftiger Illustrator gemacht und mich in der Sekundarstufe für einen Kurs in bildender Kunst eingeschrieben.
Gibt es in den Büchern Momente, an die du gerne immer wieder zurückdenkst?
Davon gibt es einige, vor allem die Szenen, die einen gewissen Pathos, etwas Schönes und/oder einen gewissen Zauber haben. Etwa der liebevoll detaillierte Bericht darüber, wie die Hobbits klammheimlich bei Nacht in die grünen Hügel des Auenlands verschwinden; ihre Begegnung mit Gildors Elben und dann ihre Erfahrungen in den verträumten drei Kapiteln nach dem Abschied aus dem Auenland (alle in ihrer Frühversion), der Alte Wald, die Szene in Tom Bombadils Hütte und der Nebel auf den Hügelgräberhöhen. Später haben die verschiedenen Episoden, die von der Reise der Gefährten erzählen, über viele Jahre immer wieder mein Interesse geweckt und mich inspiriert, insbesondere die Episoden in Lothlorien, die Flussreise entlang des Anduin, der Fangornwald sowie Frodo, Sam und Gollum auf ihrem beschwerlichen Weg nach und durch Mordor. Die Szenen in Ithilien sind nach wie vor eine große Inspiration für mich und ich träume davon, eine ganze Serie von Werken zu dieser Episode zu machen.
Das obskure Gespräch zwischen Baumbart und Galadriel am Orthanc hat für mich heute noch etwas Surreales, genau wie die Tiefe und Breite von Tolkiens Vision.
Was schätzt du an dem Material, mit dem du arbeitest, am meisten?
Die Gouache, die ich verwende, lässt sich vielseitig für extrem detaillierte Werke einsetzen, eignet sich jedoch auch perfekt dafür, traditionelle Bilderwelten mit Ölgemälde-Optik zu erschaffen, die sehr lebhaft wirken und gleichzeitig für Printmedien geeignet sind.
Wir haben vor diesem Interview bereits kurz miteinander sprechen können, und da hast du durchklingen lassen, dass du an neuen Gemälden arbeitest. Kannst du uns nähere Informationen dazu geben?
Ich habe aktuell vor, in den nächsten Wochen für mich zwei Gemälde fertigzustellen, je nachdem, wann und ob die Auftragsarbeiten, die ich möglicherweise erhalten werde, freigegeben werden. Zum einen würde ich mir liebend gerne ein Aquarell von Tolkien mit dem Namen „Halls of Manwe; Taniquetil“ vornehmen und daraus eine großformatige „Berglandschaft“-Variante machen. Außerdem möchte ich, nachdem ich kürzlich meine noch vorhandenen Gemälde und Zeichnungen von Beren und Luthien auf dem Mythmoot IV präsentieren durfte, eine lang gehegte Vision, zu der ich viele Zeichnungen angefertigt habe, endlich als Gemälde umsetzen, nämlich den Moment, in welchem sich Luthien Celegorm offenbart. Ich arbeite aktuell außerdem an einer Auftragsarbeit, bei der Dol Amroth im Mittelpunkt steht.
Du hast zu Herr der Ringe Online 2 Werke beigesteuert – einmal das Bild zu unserem „Schlacht am Schwarzen Tor“-Update und eins für unsere Mordor-Erweiterung. Was war dein Ziel bei diesen Werken?
Ich wollte mit diesen beiden Werken sowohl die dynamische Erfahrung des Online-Spiels zu den Büchern einfangen und gleichzeitig den Fokus legen auf die Ästhetik und das Design der „Kulissen“, durch die sich die Spieler bewegen. Ich glaube, auf diese Weise konnte ich den für meinen Stil charakteristischen Realismus effektiv mit der Architektur verknüpfen, die die Spieldesigner erschaffen haben.
Wir haben gehört, dass Künstler jeder Couleur unser Spiel spielen. Welchen Rat kannst du denjenigen Künstlern geben, die ihre Kunst zu ihrem Beruf machen wollen?
Generell empfehle ich allen jungen angehenden Illustratoren und Künstlern, sich auch mit den Studioarbeiten zu befassen, die nicht ihre erste Wahl sind und gleichzeitig auf die Erfüllung ihres Ziel hinzuarbeiten, Erfolg in der Kunstrichtung zu haben, für die ihr Herz schlägt. Unter Umständen müssen sie auch in kunstfernen Bereichen arbeiten. In ihrer Freizeit sollten sie dann an ihrer Kunst arbeiten, die ihnen liegt, diese dann online präsentieren und ein Netzwerk aufbauen, durch das sie Interesse an ihren Werken wecken können. Besteht die Möglichkeit, Kunstkurse zu besuchen, sollten sie diese Gelegenheit auf jeden Fall wahrnehmen, um so ihre Fertigkeiten zu schulen und ihren künstlerischen Horizont zu erweitern. Vor Kurzem habe ich mich mit einigen Kollegen getroffen. Der Zweck dieses Treffens bestand darin, uns gegenseitig Werke zu präsentieren, die von unseren sonstigen Werken und den dafür verwendeten Techniken und Themen abweichen. Es war interessant, zu sehen, wie viel dieses Treffen allen Anwesenden bedeutet hat.
Auf welche Weise inspiriert Mittelerde dich und welchen Einfluss hat die Welt von Mittelerde nach all der Zeit auf deine Werke?
Das wunderbare an Tolkiens gigantischer Fantasiewelt ist, dass sie einen praktisch unerschöpflicher Quell für interessante Bilder darstellt. Obwohl die Rauschhaftigkeit der ersten Jahre, ausgelöst durch die brennende Leidenschaft für die Umsetzung von Tolkiens Ideen, lange hinter mir liegt, hat sie immer noch Einfluss auf meine Werke, sowohl in den Szenerien, die ich aus meiner Inspiration heraus oder Auftragsarbeit erschaffe, als auch bei der Übertragung dieser Leidenschaft auf Printmedien oder Spiele wie zum Beispiel die MECCG-Series von I.C.E. Als erfahrener Künstler hab ich aktuell ein besonderes Faible entwickelt für die Neuinterpretation von Szenerien und Gemälden, die ich früher angefertigt habe. Da ich nie offiziell Illustrationen für HdR oder DH angefertigt habe, habe ich die Freiheit, meine Interpretation von Charakteren, Schauplätzen und Landschaften weiterzuentwickeln. Dennoch versuche ich, deren Kontinuität zu älteren Kunstwerken aufrecht zu erhalten. Ich habe unheimlich viele Skizzen zu Szenen aus den 3 Hauptbüchern (QS, HdR, DH) sowie einen kompletten Satz Skizzen zu Nachrichten aus Mittelerde (ein nie fertiggestelltes Projekt von Harper Collins für eine illustrierte Ausgabe), für die ich mir fest vorgenommen habe, sie in den kommenden Jahren als Gemälde zu realisieren. Diese Skizzen sowie alle komplett neuen Ideen sorgen dafür, dass ich wahrscheinlich noch bis zum Rest meines Lebens auf der ein oder anderen Ebene mit Tolkiens Werk zu tun haben werde.
Viele unserer Spieler haben eine gewisse Bindung zu Stationen aus Tolkiens Leben und Reisen entwickelt. Du bist demnächst unterwegs zu einem Ort, für den sich Tolkien-Fans sehr interessieren dürften, korrekt?
Korrekt! Freunde aus England haben letztes Jahr einen Campingplatz bei Interlaken in der Schweiz aufgetan, in der Nähe des Lauterbrunnentals. Diesen Herbst fahren wir mit ihnen mit. J.R.R. Tolkien ist mit einigen Dutzend Personen 1911 zu eine Wandertour durch die Alpen aufgebrochen. Wenn ich mich recht entsinne, sind sie von Innsbruck aus gestartet und waren etwa einen Monat in den Bergen unterwegs. Tolkien hatte dank des Lauterbrunnentals und den umliegenden Landschaften sofort ein Bild zu Bruchtal im Kopf und Ideen zum Nebelgebirge und einigen anderen Orten sammeln können, die er einige Jahre später, als er HdR oder DH konzipiert hat, mit Leben füllen konnte. Unsere Freunde schreiben gerade an einem Buch über Tolkiens Wandertouren und haben uns vorgeschlagen, dass wir sie in Interlaken treffen sollten, damit ich mit eigenen Augen sehen kann, was Professor Tolkien zu seinem Fantasie-Epos inspiriert hat.
Wo können sich Spieler und Fans deine Werke ansehen?Meine Webseite und meine Facebook-Seite sind die ersten und wichtigsten Anlaufpunkte für alle, die nach Informationen über meine Kunstwerke suchen und sich diese ansehen wollen. Bei einigen anderen Quellen wie z. B. Fanseiten wird man ab und an auch Kunstwerke von mir oder aktuelle Interviews (normalerweise mit Tolkien-Gesellschaften und Fantasy-Journalen im In- und Ausland) finden, aber die einzeln zu bennennen oder überhaupt ausfindig zu machen, ist nicht gerade einfach, deshalb empfehle ich an dieser Stelle, einfach über Google danach zu suchen. Webseite: http://www.tednasmith.com/ |